Geschichte

Geschichte eines Erfolgsmodells

Durch das persönliche Engagement von betroffenen Eltern konnten viele (hör)behinderte oder von Behinderung bedrohte Kinder/Jugendliche bei ihrer Integration in Familie und Gesellschaft, Kindergarten, Schule und späteren Beruf bis heute geholfen werden.

 

1977

Der Sohn von Familie Düker kommt durch ärztlichen Kunstfehler während/nach der Geburt geschädigt zur Welt. Mit knapp 2 Jahren werden eine an Taubheit grenzende Hörbehinderung sowie Komplexschädigungen diagnostiziert. Fachlicherseits wird er als „aussichtsloser Fall“ eingestuft. Empfehlung: ab 3. Lebensjahr in Gehörlosen-Kita/-schule — Laut-Spracherwerb, Lernen/Bildung in Nähe der Familie nicht möglich! Die Eltern nehmen dieses „URTEIL“ nicht an, sondern ergreifen selbst die Initiative. Weltweite Suche nach innovativen Wegen einer differenzierten Diagnostik, frühkindlichen Förderung, Hör-Sprach-Erziehung, individuellen Versorgung mit technischen Hör-Hilfen etc. — und die Suche nach INTEGRATION beginnt.
 

1978

Um in die Lage versetzt zu werden, ihrem Kind nachhaltig zu helfen, seine Gesamt-Entwicklung altersgerecht fördern, Kommunikation/Sprache auf-/ausbauen zu können, erlernt Annette Düker über insgesamt 10 Jahre hinweg die mutterschulisch-reflektierende Methodik resp. auditiv-verbale Therapie bei der international anerkannten Audiopädagogin Susann Schmid-Giovannini in der Schweiz, bei Pater Dr. van Uden in den Niederlanden etc. Sie setzt die Förderschritte, die sich in erster Linie am Erleben ihres Kindes, seinen Bedürfnissen und Interessen orientieren, gezielt im ALLTAG der Familie und in seinem sozialen Umfeld ein- und um.
 
Der wissbegierige kleine Junge — mit Hörgerätekästen ausgestattet, angepasst an der Uni-Klinik Freiburg/Prof. Holm —, erlernt mittels Hörtraining und anderer täglichen Übungen recht schnell, z.B. auf Töne, Geräusche, die Sprache der Mutter sowie die der Familienmitglieder zu reagieren. Und er beginnt bereits mit ca. 3 Jahre Sprache nachzuahmen, selbst zu SPRECHEN, sich an kleinen Gesprächen zu beteiligen. Die Erfolge dieser speziellen Förderung sprechen sich herum. Andere betroffene Eltern werden auf dieses „WUNDER“ aufmerksam, wenden sich Hilfe suchend an A. Düker. Sie gibt ihre Erkenntnisse, pädagogische und therapeutische Ansätze ehrenamtlich an Hilfe suchende Familien, deren hörbehinderte Kinder, schließlich an interessierte Ärzte, Therapeuten, Sonderpädagogen für Gehörlose etc. weiter — zunächst in der Region, später bundesweit (Schneeballsystem — viele Eltern werden aktiv).
 

1979

Know-how-Erweiterung der Eltern untereinander und -Transfer, Professionalisierung durch die ersten bundesweit von A. Düker organisierten Intensivkurse / Leitung S. Schmid-Giovannini, die nun regelmäßig nach Minden kommt, um hörbehinderte Kinder zu fördern, betroffene Familien anzuleiten – parallel dazu werden Gehörlosen- Schwerhörigenpädagogen, Therapeuten anderer Fachdisziplinen, Ärzte etc. geschult.
 
1. Oral-Interpretor-Kursus mit Dr. George Fellendorf, USA.
1. Fachtagung "Taub geboren, aber nicht TAUB erziehen" für Eltern, Mediziner, Pädagogen, Therapeuten, Politiker; praktisch und theoretisch ausgerichtet.
 
C.C`s Integration in einen Regelkindergarten in Wohnortnähe gelingt, obwohl eine zu spät erkannte schwere Dyspraxie (und damit zusätzliche Erschwernisse) den Lautspracherwerb (Deutlichkeit, Satzbildung, Gedächtnis etc.) erheblich erschweren.
 

1980

Konzeptionelle Überlegungen zur Schaffung einer unabhängigen Elternselbsthilfeorganisation mit dem Ziel der Integration der hörbehinderten Kinder in Familie u. Gesellschaft.
 

1981

69 betroffene Familien, die sich bis dahin um A. Düker geschart haben, gründen einen Elternverein, zunächst als eigenverantwortlicher Bereich der Gehörlosenhilfe Ostwestfalen e.V., Minden.

2. Fachtagung "Taub geboren, aber nicht taub erziehen" mit internationalen Referenten.
 

1982

Einrichtung des bundesweit 1. FrühErziehungsCentrums (FEC) für hörbeh.inderte Kinder am Früherkennungszentrum der Kinderklinik Minden — Einstellung, Anleitung/Ausbildung einer Erzieherin zur 1. Frühtherapeutin in D durch A. Düker u. S. Schmid-Giovannini - Kontaktaufnahme zum international renommierten Wissenschaftler, Pater Dr. van Uden/Instituut voor doven, Sint Michielsgestel/NL — Austausch — Differential-Diagnostik einiger hochgradig hörbehinderter Kinder in Holland.
 
Weitere hörbehinderte Kinder besuchen nun Regelkindergärten.
Der Sohn der Familie Düker wird als erstes schwer hörbehindertes Kind in der Grundschule vor Ort integriert, von seiner Mutter Tag für Tag gefördert und schulisch begleitet.
 

1983

Intensivierung der Elternarbeit, überregionale Ausweitung, Ergänzung des familien- orientierten Förder-, Therapieangebots durch Atem-, Stimm- u. Sprechlehrer nach Schlaffhorst-Andersen
 
3. Fachtagung "Taub geboren, aber nicht taub erziehen" mit internationaler Besetzung.
 

1984

Völlige Verselbständigung der Arbeit. Gründung des Fördervereins Eltern u.nd Freunde hörbehinderter Kinder e.V. Minden, 1. Vorsitzende: Annette Düker
 
Etablierung des FECs — Anerkennung durch Kommunen, Behörden etc. — Arbeit in enger Kooperation mit Dr. Kuke (Sozialpädiater, Leiter Früherkennungszentrum)
Sein Schwerpunkt: Differentialdiagnostik als Basis einer erfolgreichen Entwicklungsrehabilitation mit dem Ziel der Integration. Hinzuziehung neuester Hörgeräte-Techniken — u.a. aus den USA — über Akustikermeister/Päd-Akustiker aus Essen.
 

1985

A. Düker erweitert das ganzheitliche Förderkonzept um Musik- u. Rhytmiktherapeuten, - pädagogen
 

1986

Innovatives Projekt "Förder-Pädagogik" entsteht für die integrierten Schulkinder
Aufgaben: Entwicklung integrationsfördernder Maßnahmen für hörbehinderte Schüler und deren kindzentrierte Umsetzung in schulischer und außerschulischer Form.
 
Kooperation mit dem Instituut voor doven (Ivd), Niederlande: Vermittlung diagnostischer Testverfahren, Anwendung, Umsetzung durch Pater Dr. van Uden u.a. Psychologen des Ivd`s in 1-wöchigen Kursen über mehrere Jahre hinweg.
 

1987

Einstellung eines ausgebildeten Lehrers (SEK I-Pädagoge), der hochgradig hörbehinderte Kinder, die in Regelschulen integriert sind, wöchentlich vor Ort in der Schule oder im Elternhaus fördert oder begleitet.
 
Parallel dazu Ausweitung des Bereiches Frühförderung durch Anstellung einer weiteren Erzieherin, die berufsbegleitend zur Heilpädagogin ausgebildet wird.
 

1989

Der Minister für Arbeit, Gesundheit u. Soziales (MAGS) des Landes NRW, Heinemann, besucht die Einrichtung, bewertet die Arbeit als beispielhaft, sichert Unterstützung, insbes. bezgl. der Planungen eines Kinderzentrums (SPZ) mit dem Schwerpunkt Hörgeschädigtenarbeit (MINDENER MODELL) zu. Die Interdisziplinarität tritt immer mehr in den Mittelpunkt der Arbeit.
 
Projekt "Förder-Pädagogik für mehrfachbehinderte, hörgeschädigte Kinder" wird realisiert, Zusammenarbeit mit Ivd/NL intensiviert und geeignete Lehrer eingestellt.
 

1990

Vernetzung mit anderen Elternselbsthilfegruppen, -vereinen etc. im wiedervereinigten Deutschland
 
Internationaler Kongress I; INTEGRATION HÖRBEHINDERTER in EUROPA "Taub geboren, abernicht TAUB erziehen" mit internationalen Referenten und europäischem Fachpublikum.
 

1991

Personelle Stabilisierung des Bereiches Frühförderung mit Unterstützung des MAGS, Düsseldorf, -Ausbildung von Erzieherinnen/Heilpäd. zum neuen Berufsbild „FrühtherapeutIn für hörbehinderte Kinder“. Der Förderverein stockt den Bereich Förderpädagogik durch Sonder-Pädagogen für Lernbehinderte auf.
 
Entwicklung und Realisierung des 3-jährigen Forschungsprojektes "Prozessuale Differentialdiagnostik zur Findung eines ganzheitlichen Förderkonzeptes für hörbehinderte Säuglinge und Kleinkinder" Leitung: Dr. med. Helmut Kuke, Dr. Hajo Frerichs, heute Leiter des Landesbildungszentrums für Hörgeschädigte, Braunschweig.
 
1. Intensivkursus "Förderpädagogik" für Eltern mit ihren hörbehinderten Kindern aus dem Großraum Ruhrgebiet in Unna.
 
Mit Unterstützung des Landes NRW/im Auftrag des MAGS-Düsseldorf: Durchführung des multiprofessionellen Kompaktkursus "Hilfe zur Selbsthilfe für Eltern und ihre hörbehinderten Kinder aus den Neuen Bundesländern, insbesondere aus BRANDENBURG", in Kooperation mit dem Früherkennungszentrum , dem Instituut voor doven / Niederlande.
 
42 hörbehinderte Kinder aus den neuen Bundesländern werden in Porta Westfalica diagnostiziert, mit neuester Technik versorgt, individuell gefördert, therapiert, deren Eltern intensiv angeleitet, geschult und beraten.
 
Trotzdem das MINDENER MODELL mittlerweile breiteste Anerkennung genießt, Gefährdung des Bereiches Förder-Pädagogik wegen finanzieller Engpässe. Personalkostenfinanzierung durch Kultusministerium, MAGS oder anderer öffentlicher Träger läuft aus.
 
Gründung der gemeinnützigen INTEGRARE GmbH, Institut zur Rehabilitation und Integration behinderter und von Behinderung bedrohter Kinder mit dem Schwerpunkt der Förderung hörbehinderter Kinder und Jugendlicher. Ehrenamtliche Geschäftsführerin: Annette Düker.
 
Übernahme, Finanzierung der hochqualifizierten Förder-Pädagogen (Rehabilitations-Integrationspädagogen) des Fördervereins durch INTEGRARE, so dass die Förderung hörbehinderter Kinder sowohl vor Ort als auch in Kursform fortgeführt werden kann.
 

1992

Anerkennung des hohen sozialen und innovativen Engagements von Annette Düker durch Bundespräsident Richard von Weizsäcker.
 
Einwöchiger Intensivkursus "Förderpädagogik" für hörbehinderte Kinder und deren Eltern aus dem Großraum Ruhrgebiet in Dortmund.
 
2. Multiprofessioneller Kompaktkursus "Hilfe zur Selbsthilfe für Eltern und ihre hörbehinderten Kinder aus den neuen Bundesländern" in Strausberg/Brandenburg unter der Schirmherrschaft des Ministerpräsidenten Dr. Stolpe
 
Durchführung der Fachtagung "INTEGRATION HÖRBEHINDERTER" in Potsdam
 
Ab 1992: Organisation und Durchführung von regelmäßigen Intensiv- Kompaktkursen in den Oster-, Sommer- und Herbstferien NRW "Hilfe zur Selbsthilfe für Eltern und ihre hörbehinderten Kinder"
 
3. Multiprofessioneller Kompaktkursus "Hilfe zur Selbsthilfe für Eltern und ihre hörbehinderten Kinder BRANDENBURG" in Porta Westfalica / Minden.
 

1993

Internationaler Kongress II " INTEGRATION HÖRBEHINDERTER in EUROPA“. Schirmherr: Ministerpräsident des Landes NRW Johannes Rau.
 

1993 1994

INTEGRARE erhält für hervorragendes Wirken zum Wohle sprachgestörter und hörbehinderter Kinder den "Annelie-Frohn-Preis“.
 

1994

Nahezu alle hörbehinderten Kinder, die durch diese Initiative teils von Babybeinen gefördert wurden, besuchen Regelkindergärten und Regelschulen.
 
Bundesweite Ausweitung der INTEGRARE-Kompakt-Intensivkurse. Für Familien, mit hörbehinderten Kindern, die nicht im Einzugsgebiet wohnen, werden aufgrund der starken Nachfrage die diesbzgl. Aktivitäten intensiviert. Die Kurse werden in Zusammenarbeit mit dem Früherkennungszentrum, dem Förderverein Eltern und Freunde hörbehinderter Kinder e.V., Minden, und anderen Facheinrichtungen durchgeführt, be- und anerkannt als DAS MINDENER MODELL.
 

1997

Anerkennung der gemeinnützigen INTEGRARE gem. § 93 BSHG
 
Finanzierung der Förderung über Sozialhilfeträger.
 

2000

Organisation/Durchführung des "Interdisziplinären Europa-Kongress III zur Integration unter besonderer Berücksichtigung von Teilleistungsstörungen" in P.W.
 

2002

Erweiterung - bundesweite Vernetzung/Netzwerk
 
25 jähriges "Arbeitsjubiläum" von A. Düker
 

2003

Bundespräsident Johannes Rau verleiht Annette Düker das Bundesverdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland
 
10 Jahre INTEGRARE
 
20 Jahre Förderverein Eltern und Freunde hörbehinderter Kinder e.V., Minden
 
25 Jahre Elterninitiative
 
Organisation/Ausrichtung des interdisziplinären Europa-Kongresses IV – „INTEGRATION - Realität oder Vision ?“ mit international renommierten Referenten, Vertretern der Bundes-, Landesregierung und des Europa-Parlamentes
 
Wege der frühen Diagnostik, frühen Entwicklungs-Rehabilitation, frühen Förderung und frühen INTEGRATION in Familie, Gesellschaft, Kindergarten und Schule am 31.10. + 1.11.2003 in der Stadthalle Lübbecke
 

2004

Ausbau der bundesweit nachgefragten KOMPAKT- und INTENSIV-Kurse
 
„Hilfe zur Selbsthilfe für Eltern, ihre hörbehinderten und/oder teilleistungsgestörten Kinder/Jugendlichen.
 
Die ersten „Zöglinge“ befinden sich nach erfolgreichem Schulabschluss an Regelschulen bereits in Berufsausbildung, studieren oder sind im Berufsleben integriert. Immer mehr (hör)behinderte und/oder von Behinderung bedrohte Schüler werden in Regelschulen integriert.
 
Um die Beschulung beeinträchtigter Schüler sicherzustellen, fördern die hochqualifizierten INTEGRARE-Pädagogen neben Schülern mit Handicap im Bereich des Hörens und der Kommunikation nun auch Schüler mit Seh- und Lernproblemen, Teilleistungsstörungen im Bereich der auditiven Wahrnehmung (AWVS), des Lesens und Schreibens etc.
 

2006

Einrichtung INTEGRARE-Dependance in Braunlage/Region Harz
 

2009

Unser 1. Rehabilitations-Integrationspädagoge Herbert Bultmann stirbt völlig unerwartet - viel zu früh. Seit 1986 für uns tätig, engagierte sich wie kaum ein anderer Pädagoge für unsere HÖR-KIDS und deren Familien. Zusammen mit S. Schmid-Giovannini, Pater van Uden, A. Düker, Ärzten, Pädagogen, Wissenschaftlern hatte er in beispielhafter Weise den Bereich Förder-Pädagogik systematisch mit auf- ausgebaut. Er galt als echtes Förder-Talent, half, wo er nur konnte.
 
Organisatorische und personelle Umstrukturierungen wurden notwendig sowie Abbau der bundesweiten Intensiv-Kompaktkurse, die i.d.R. Herr Bultmann leitete. Aufgrund der nach wie vor hohen Nachfrage von Seiten Hilfe suchender Eltern, aber auch mangels Zeit der Eltern, ihre Kinder wöchentlich in den Räumen des INTEGRARE-Institutes fördern zu lassen, spezialisierte sich INTEGRARE mehr und mehr auf die Förderung in den integrierenden Schulen oder anderweitigen Einrichtungen und/oder im Elternhaus.
 

2010

Ab 2010 Intensivierung des MOBILEN DIENSTES
 
Nutzen von Chancen und Möglichkeiten der INKLUSION. Eine besondere Herausforderung, die es insbesondere für die Regelschulen anzunehmen gilt.